Hochzeitsbräuche in der Lausitz: die sorbische Hochzeit

Hochzeitsbräuche in der Lausitz: die sorbische HochzeitWeißwasser / Běła Woda, 8. September 2020. Die Sorben in der Ober- und der Niederlausitz sind für ihre traditionellen, in jedem Falle aber fröhlichen Hochzeiten bekannt. Oft kommen mehr als 100 Gäste und es ist gar nicht so leicht, für eine solch große Hochzeitsgesellschaft eine Lokalität zu finden.

Symbolfoto: Frank Winkler, Pixabay License
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Ohne Hochzeitsbitter geht es nicht

Ein paar Wochen vor der Hochzeit treffen sich die Beteiligten, um gemeinsam die Feier abzustimmen. Dazu gehören das Brautpaar, die Eltern des Paares und der Hochzeitsbitter, auch Braschka genannt, als Zeremonienmeister. Seine Aufgabe ist es, das Paar durch den Tag zu führen und ihm alle Wünsche zu erfüllen. Die Einladungen werden nicht mit der Post verschickt, sondern der Hochzeitsbitter geht von Tür zu Tür und lädt die Gäste persönlich zu dem Fest ein.

Feierlich auftretend mit Zylinder und Stab führt der Braschka während der gesamten Feierlichkeiten das Kommando. Zuerst erfolgt die "Aussegnung" der Braut aus dem Elternhaus. Dann führen die ledigen Gäste den Hochzeitszug zur Kirche an. Früher waren es die Jungfrauen, heute sind es oft kleine Mädchen – sicher ist sicher – in der traditionellen Festtracht. Natürlich sprechen alle Sorbisch, auch der Pfarrer während der Trauung mit den Brautleuten. Dann kommt der besondere Moment: die Eheringe in Gold – Woraus sonst? – werden getauscht. Ein ergreifender Moment für alle Anwesenden, besonders auch für die Eltern des Brautpaares.

Bräuche nach der Trauung

Im Anschluss an die Trauung geht es zur Einsegnung in das neue Heim der Brautleute. Ein weiterer Brauch ist es, sich den Weg dorthin freizukaufen. Das gilt für die Gäste wie auch für die Brautleute. Auf dem Weg spannen Kinder nämlich Seile quer über die Straße und manchmal versperrt sogar die mit Feuer, Wasser und Feuerwasser erprobte Feuerwehr mit einem Löschschlauch den Zugang in Richtung des neuen Heims.

Das Hochzeitsessen

Endlich kann gefeiert werden. Das Hochzeitsessen besteht aus vier Gängen: der Hochzeitssuppe, Rindfleisch mit Meerrettichsoße und Brot, Kalbsbraten und einem Dessert. In früheren Zeiten schenkten die Familien Naturalien, um das Fest ausstatten zu können; heute teilen sich in der Regel die Eltern des Paares die Kosten der Feier.

Vor dem Essen bekommt das Paar aus Butter geformte Tierfiguren serviert. Sie symbolisieren die Anzahl der erhofften Kinder für das Paar.

Nach dem Essen geht die Feier weiter

Nach dem Essen werden von den Gästen Gedichte vorgetragen oder die Erwachsenen singen oder tragen Sketche aus dem Leben der Brautleute vor.

Die Vogelhochzeit, ein kulturelles Erlebnis für groß und klein

Ein besonders schöner Brauch ist das gemeinsame Spielen des Singspiels der Vogelhochzeit. Bei der Vogelhochzeit vermählt sich die männliche Drossel mit der Amsel, doch im Sorbischen vermählen sich die Elster und der Rabe. Die Vogelhochzeit ist ein alter Brauch, der in vielen europäischen Regionen bekannt ist, vor allem aber in der Lausitz bei den Sorben.

Traditionell stellen Kinder am 24. Januar einen Teller auf das Fensterbrett oder vor die Tür. Am nächsten Morgen sind sie gefüllt mit Nestern und Süßigkeiten in Form von Tieren. Besonders beliebt sind die mit Zuckerguss überzogenen Vögel aus Teig. Der Brauch besagt, dass die Vögel die Leckereien den Kindern gebracht haben, um sich zum Hochzeitsmahl für die Winterfütterung zu bedanken.

Ein wesentlicher Bestandteil dieses Brauchtums sind die jährlichen Theateraufführungen der Vogelhochzeit. Das Sorbische National Ensemble gestaltet in Kooperation mit dem Deutsch-Sorbischen Volkstheater die gemeinsamen Auftritte. Diese finden nicht an einem zentralen Ort statt, sondern das Ensemble zieht von Dorf zu Dorf in die Schulen und in die Kindergärten. Im Gegensatz zu den Aufführungen, die die Kinder gestalten, stellen die Erwachsenen das Singspiel abstrakter und lustiger dar. Sie thematisieren darin gern auch in kritischer und satirischer Art und Weise die aktuellen Probleme der Sorben. Doch dann, ja dann ist die Vogelhochzeit auch schon wieder vorbei...

"Nun ist die Vogelhochzeit aus,
und jeder geht vergnügt nach Haus.
Fiederallala, fiederallala, fiederalla -la - la - la"

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  • Quelle: red | Foto: FrankWinkler / Frank Winkler, Pixabay License
  • Erstellt am 08.09.2020 - 06:40Uhr | Zuletzt geändert am 08.09.2020 - 11:05Uhr
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