In letzter Sekunde das Unternehmen auf Veränderungen vorbereiten
Weißwasser/O.L. / Běła Woda, 7. März 2022. Von Thomas Beier. Aus der Coronakrise noch nicht heraus und nun der Krieg in der Ukraine mit weiter explodierenden Energie- und Rohstoffpreisen: Die Wirtschaft auch in der Oberlausitz geht unsicheren Zeiten entgegen.
Der russische Markt bricht weg und gewachsene Verbindungen mit
Wie überall im heutigen Osten Deutschlands haben in der Oberlausitz einge Unternehmen einen besonders guten Draht nach Russland und viele profitieren davon, dass zu "DDR"-Zeiten die besten Schüler an der darauf spezialisierten Arbeiter-und-Bauern-Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle (Saale) insbesondere auf ein Studium in der UdSSR vorbereitet wurden, indem sie hier nach ein bis zwei Jahren ihr Abitur in der Sprache des künftigen Gastlandes ablegten.
Wenn es dabei um ein Studium in der Sowjetunion (SU) ging, konnte man zwar bei der Aufnahme in Halle unter einer recht eingeschränkten Auswahl von Studienrichtungen auswählen, aber wo studiert werden sollte, ob nun in Europa, in Sibirien oder in Fernost, das blieb zunächst ungewiss. Heimreisen waren gewöhnlich für einmal jährlich vorgesehen. Viele hofften, in große Städte zu kommen, weil dort die Lebensmittelversorgung noch am sichersten erschien.
Wer dieses Studium durchhielt und als sogenannter SU-Absolvent zurückkam, hatte glänzende Karriereaussichten vor sich, solange er nicht politisch aneckte. Tatsächlich formten die harten Vorbereitungsjahre und das nicht minder anspruchsvolle Studium erstklassige Experten und Führungskräfte, ganz anders als jene, die sich auf den Sitzkissen von Parteipöstchen hochgedient hatten.
Bislang hat die ostdeutsche Wirtschaft noch von diesen in der Sowjetunion ausgebildeten Leuten profitiert, doch der Ukraine-Krieg samst der Wirtschaftssanktionen gegen Russland scheint dieses Segment nun lahmzulegen.
Markt weg, Kunden weg, Lieferanten weg
Das stellt Unternehmen nun vor unerwartete Herausforderungen: Markt weg, Kunden weg, Lieferanten weg – und kein “Plan B” in der Schublade. Seit vielen vielen Jahren haben wir bei Beier Consulting darauf hingewiesen, wie notwendig es ist, Unternehmen nicht nur erfolgversprechend zu präsentieren, sondern immer wieder neu zukunftstrobust aufzustellen.Dazu gehört, die Anforderungen der Zukunft vorwegzunehmen und sich darauf einzurichten, keinesfalls aber darf man sich an gewachsenen Eigenheiten festklammern. Natürlich kann niemand die Zukunft konkret vorhersagen, aber Trends wie das schnelle Internet, Entwicklungen am Arbeitsmarkt und konkrete Einflüsse wie etwa die weitere und drastische Steigerung des Mindestlohns lagen stets auf dem Tisch. Außerdem kommt es gar nicht darauf an, für jede nur denkbare Entwicklung einen “Plan B” zu haben, sondern vielmehr mental darauf eingestellt zu sein und als Organisation insgesamt flexibel auf sich verändernde Rahmenbedingungen reagieren zu können.
Aus meiner Erfahrung unterscheiden sich hier gute Unternehmensführer von anderen: Während die einen neben allen positiven Visionen auch die Risiken ihrer Organisation im Blick haben, setzen die anderen auf das Prinzip Hoffnung, wonach es schon nicht so schlimm kommen werde. In Anlehnung an Murphys Gesetz kann man aber sagen: Wenn es schlimm kommt, dann kommt es richtig schlimm – so wie wir es heute erleben und die richtig ernsten Auswirkungen erst noch vor uns haben.
Schnell, flexibel und konzentriert sein
In der Krise haben nicht etwa jene Unternehmen die besten Chancen, die die größten Potentiale haben, sondern jene, die schnell, flexibel und konzentriert die Herausforderungen angehen. Diese Fähigkeit ist jedoch keiner Organisation, in der Menschen zusammenarbeiten, in die Wiege gelegt, sondern muss über viele Jahre hinweg Schritt für Schritt aufgebaut werden. Tatsächlich beobachten wir bei Kunden, mit denen wir seit vielen Jahren Workshops und Führungskräftetrainings auf Geschäftsleitungsebene durchführen, dass hier auftretende Fragen – wie man beim Militär sagen würde – aus der Bewegung heraus gelöst werden, während in solchen Dingen unerfahrene Organisationen einzelne Aufgaben zum Anlass nehmen, daraus Probleme zu produzieren und sich daran aufzureiben.Kommen solche Unternehmen dann mit dem Ruf nach dem Unternehmensberater, haben wir oft genug einen Lustverlust. Hintergrund: Zeigt man solchen Unternehmen, die unbemerkt über Jahre hinweg zunehmend erstarrt und dadurch in eine Krise – an der natürlich ausnahmslos andere oder die Umstände Schuld haben – geraten sind, mögliche Wege auf, können diese nicht angenommen werden, weil die Grundlagen sowohl mental wie auch an Wissen dafür fehlen.
Darauf warten, dass es besser wird?
In einer solchen Situation sind ganz andere Herangehensweisen an die Managementberatung gefragt. Hier kommen die eher klassischen Methoden der Unternehmensberatung zum Zuge, die mit viel beraterischem Input vor allem in Bezug auf Ressourcen, Geschäftsfelder und Prozesse abstellt. Das ist sehr konkretes Handwerk, das Unternehmen aber aus sich selbst heraus ebenso wenig leisten können wie etwa eine Reisegesellschaft aus ihrer Mitte den Busfahrer zu bestimmen vermag – der muss von außen kommen, Busfahrerinnen natürlich auch.Abzuwarten und Aktivitäten zur Beruhigung zu starten hilft nichts, wenn das Unternehmen die Zukunft meistern soll. Eine erfolgsorientierte Managementberatung finden zu müssen, die den Hebel am wirkungsvollsten Punkt ansetzt, ist eine Herausforderung, weil es für unerfahrene Beratungskunden nur wenig Orientierung gibt. Dieser Markt lebt von Zusicherungen, während seriöse Berater mit genauen Referenzen selbstredend zurückhaltend sind. Sicherheit gewinnt man durch ein Vorgespräch. Praktiker bemerken dann sehr schnell, ob mit Worthülsen oder Wissen und verwertbaren Erfahrungen gearbeitet wird.
Der Autor hat 1994 die Beier Consulting als Teil der Saxon Consulting Group gegründet und sich auf die soft factors der Führungskräfte-, Organisations- und Strategieentwicklung spezialisiert.



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- Quelle: Thomas Beier | Foto: © Görlitzer Anzeiger
- Erstellt am 11.03.2022 - 18:17Uhr | Zuletzt geändert am 11.03.2022 - 18:45Uhr
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